Wir Babelsberger: Bauverein-Mitglied Andreas Schmidt lebt für den Rock der 1970er-Jahre.
Schon im Flur der Wohnung von Andreas Schmidt fühlt es sich an, als würde man ein Rockmusik-Museum betreten. Zahllose Poster, Uhren, Platten und Andenken zieren die vier Wände des Babelsbergers in der Paul-Neumann-Straße. Da gibt es die KISS-Ecke, einen Platz für AC/DC oder ZZ Top. Es gibt keinen Fan-Artikel, den der 61-Jährige nicht hat. Sein Allerheiligstes: Ein Fußball von Rod Stewart, den der Superstar ihm während eines Konzerts zugeworfen hat. Viele der Souvenirs zieren Original-Autogramme seiner Lieblingsmusiker – natürlich selbstgesammelt, vor oder nach Konzerten. „Musik ist mein Herzschlag“, steht auf einem Schild in der Küche. Auf kaum jemanden trifft das besser zu als auf Andreas Schmidt.
The Sweet, Mud, Journey – „ich bin ein Kind der Siebziger“, sagt der Musikfan. Blut geleckt hat er bei Ilja Richters „Disco“. Die ersten Live- Auftritte hat er Anfang der 1980er-Jahre im Potsdamer Lindenpark gesehen. Seither war er auf unzähligen Konzerten seiner Idole. Von The Sweet etwa hat er schon mehr als 100 Shows besucht. In manchen Jahren waren es 30, 40 Gigs diverser Bands, zu denen er gereist ist – sogar bis nach London. „Von der Stadt habe ich nichts gesehen, aber die Locations kenne ich alle“, berichtet Andreas Schmidt, dem seine Freunde den Spitznamen „Glitter“ gegeben haben, nach Glam-Rocker Gary Glitter.
Seit der Wende habe er nur einmal Urlaub gemacht, berichtet der Babelsberger. Ansonsten hat er sich nur für Konzerte freigenommen. Als er noch im Einzelhandel tätig war, konnte er nicht jeden Auftritt mitnehmen. Seit er im Callcenter arbeitet, sei das prima miteinander vereinbar, freut sich Andreas Schmidt. Am liebsten geht er alleine auf Tour, sagt er.
Seine Bandshirts kann der gebürtige Potsdamer kaum noch zählen. Manchmal lässt er sich eigens spezielle T-Shirts anfertigen und wechselt die während des Konzerts, um zu den Songs passend gekleidet zu sein. Da ist ihm die Aufmerksamkeit der Künstler ebenso gewiss wie mit seiner Gürtelschnalle samt LED-Laufschrift. Das ganze Outfit passt Andreas Schmidt der jeweiligen Band an, von den Socken über die Uhr bis zum Stoffbeutel, in dem er seine Andenken und Stifte für Autogramme transportiert. „Ich muss mich immer vom Rest des Publikums abheben“, sagt er. Dafür sorgen nicht zuletzt die goldenen und silberfarbenen Plateauschuhe, die er bei den Konzerten trägt. Er ist eben Glam-Rocker durch und durch.
Irgendwie schafft er es fast immer in die erste Reihe. Wie ihm das gelingt, kann sich Andreas Schmidt selbst nicht so recht erklären. „Es gibt einen Konzertgott“, ist er sich sicher. Wer seine Geschichten hört und die unzähligen Fotos mit seinen Idolen sieht, kommt irgendwann fast selbst zu der Überzeugung: Das kann alles kein Zufall sein. Momentan finden natürlich keine Konzerte statt. Deshalb kauft Andreas Schmidt derzeit noch mehr Fan-Artikel – darunter auch Alltagsmasken mit Band-Konterfeis – sowie Tickets für Online- Konzerte, um die Bands zu unterstützen. Und wenn seine eigene Gesundheit den Konzertmarathon irgendwann nicht mehr mitmachen sollte, ist das für den 61-Jährigen in Ordnung: „Bis auf eine Handvoll Bands habe ich alle gesehen, die ich wollte.“
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