Kommunikation in komplexen Stadtentwicklungsprozessen
Die Kommunikation in Stadtentwicklungsprozessen ist eine herausfordernde Aufgabe. Je komplexer der Prozess, desto wichtiger die Kommunikation. Unsere Kollegin Josephine Braun, Projektmanagerin im Bereich Stadtentwicklung und Wohnen, weiß, worauf es dabei ankommt.
„Wir machen Schlaatz“ ist der Slogan für einen hochkomplexen Stadtentwicklungsprozess. Das Ziel: Der Schlaatz soll fit für die Zukunft gemacht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich die Landeshauptstadt Potsdam und vier der im Quartier tätigen Wohnungsunternehmen, die auch im Arbeitskreis StadtSpuren gemeinsam arbeiten, zu einem „Bündnis Am Schlaatz“ zusammengeschlossen. Gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern vor Ort soll bis zum Jahr 2030 ein zukunftsorientierter Stadtteil für alle mit einer vielfältigen Gemeinschaft entwickelt werden. Die Projektkommunikation HAGENAU begleitet von Anbeginn den Stadtentwicklungsprozess am Schlaatz für die soziale Wohnungswirtschaft im Arbeitskreis StadtSpuren. Zusammen bewirtschaften die sozialen Wohnungsunternehmen (ProPotsdam, WG Karl Marx, pbg und PWG 1956) rund 85 % des Wohnungsbestandes im Schlaatz.
Der Stadtteil am Schlaatz ist eine zwischen 1980 und 1987in Plattenbauweise errichtete Großwohnsiedlung. Heute leben in den 5.533 Wohnungen rund 9.400 Menschen. Auf der Grundlage statistischen Daten prägte Projektkommunikation HAGENAU die prägnante Formel: „Stadtteil der Superlative“. So zählt der Stadtteil zu den jüngsten Potsdamer Quartieren, mit den meisten Single-Haushalten, mit dem geringsten Anteil an alten Menschen, zugleich mit den meisten Empfänger/-innen öffentlicher Transferleistungen und der höchsten Konzentration einkommensschwacher Haushalte und armutsgefährdeter Gruppen, wie Alleinerziehende, Alleinstehende und Migranten. Anhand der Datenlage lässt sich die sozioökonomische Benachteiligung gut nachvollziehen.
Die Erfahrung zeigt, dass die Kommunikation in komplexen Stadtentwicklungsprozessen dabei auf vielen unterschiedlichen Ebenen läuft – und viele verschiedene Sprachen erfordert. Nicht zuletzt, weil ein nicht unerheblicher Teil der Bewohner nicht-deutschsprachig ist. Es gibt also einerseits die Kommunikation auf Ebene der Vorhabenträger und anderseits die auf Ebene der Öffentlichkeit. Dabei versuchen wir neben sprachlichen Barrieren auch Bildungsdefizite und die in prekären sozialen Milieus verbreitete generelle skeptische Haltung gegenüber Neuem und Fremdem zu berücksichtigen.
Bewerbung einer Veranstaltung im Schlaatz per Website, Video und Postkarte
Die Erfahrung zeigt: Der Bedarf an Austausch und Diskussion ist groß, bereits auf Ebene der Planer. Zahlreiche Akteure sind in den Prozess involviert: die Verwaltung, die Vorhabensträger, Institutionen, Verbände, die Stadtpolitik sowie die allgemeine Öffentlichkeit. Dabei gilt es stets, aktuelle Informationen zum Stand der Planungen und Projekte bereitzustellen sowie die Rahmenbedingungen der Planungen klar zu kommunizieren. So werden bei der Bewerbung von Veranstaltungen einerseits klassische Pressemitteilungen genutzt, andererseits aber auch Videos, Plakate und Flyer zusammen mit dem Quartiersmanagement produziert, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
Der Beginn des aktuellen Stadtentwicklungsprozesses am Schlaatz stellte die Nachbarschaftskonferenz 2016 dar. Nach dem drohenden Auslaufen der Städtebauförderung setzte sich der Arbeitskreis StadtSpuren für die Fortführung des Förderprogrammes ein. Hintergrund waren unter anderem die zuvor erwähnten zunehmenden sozioökonomischen Belastungen. Zur Konferenz wurden lokale Akteure aus den Nachbarschaftstreffs, Institutionen und Vereinen eingeladen, um zusammen mit der Verwaltung, der Stadtpolitik und den im Stadtteil tätigen sozialen Wohnungsunternehmen gemeinsame Handlungsbedarfe,-optionen und Entwicklungsziele zu klären. Zuallerst ging es darum, ein gemeinsames und möglichst wahrhaftiges Bild von der Situation im Stadtteil zu gewinnen. Daraus entstand ein sich wiederholendes jährliches Format: das Akteurstreffen. In den Akteurstreffen wurden und werden die Ziele für das integrierte Entwicklungskonzept am Schlaatz erarbeitet, das die Grundlage für die gemeinsame Arbeit bildet. Die 12. Handlungsfelder erstrecken sich hierbei von Wohnen, Freiraum, Mobilität, Energie, Bildung bis Soziales, welche 2020 in den Masterplan mündeten. Nicht nur die Vielfalt der Handlungsfelder und Vorhabenträger, sondern auch die Zeitspanne des Planungsprozesses spiegelt die Komplexität des Stadtentwicklungsprozesses wider.
Für die Wohnungsunternehmen steuert und vertritt Projektkommunikation HAGENAU als Teil der Koordinierungsstelle zusammen mit den Vertretern der Landeshauptstadt den kollaborativen Prozess. Der Planungsprozess und die dazugehörigen Aushandlungs-, Beteiligungs- und Informationsprozesse verlaufen dabei parallel. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, braucht es eine tragfähige Planungs- und Beteiligungsstruktur mit einer übergeordneten Kommunikationsstrategie. Wir nutzen hierfür wiederkehrende Veranstaltungsformate wie die Akteurskonferenzen, die Durchführung von regelmäßigen Planungsrunden und Arbeitsgruppen sowie die Teilnahme an Gremien wie dem Stadtteilrat Schlaatz.
Öffentlichkeitsarbeit & Bürgerbeteiligung
Die Basis für die Kommunikation mit den Anwohnern bildet das Partizipationskonzept Am Schlaatz, das nach zweijähriger Entwicklung im Frühling 2021 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden ist. Das Partizipationskonzept Am Schlaatz wurde auf Drängen der Wohnungsunternehmen, mit dem Ziel es vor dem Planungsprozess fertig zu stellen, erarbeitet. Im Partizipationskonzept wurden die Stufen der Beteiligung festgesetzt: Informationen, Mitmachen, Mitentscheiden. Das Konzept definiert die Schnittstellen zum Planungsprozess, gibt Formate vor und beschreibt die Verantwortlichkeiten. Festgesetzt wurde darin auch die Etablierung des heutigen Beteiligungsortes im Stadtteil (PlanLabor) und die Schaffung einer Interessenvertretung (Schlaatzrat).
Für die Öffentlichkeit – und insbesondere der Anwohner im Stadtteil – ist eine frühzeitige Information zentral. Dafür nutzen wir unterschiedliche Medien und Formate (analog und digital). Insbesondere zu Beginn eines solchen Prozesses wollten wir, die Aufgaben und Ziele verständlich kommunizieren. Um das Masterplanverfahren am Schlaatz vorzustellen, wurde etwa ein Stadtteiltreffen mit allen Akteuren auf dem Marktplatz durchgeführt. An verschiedenen Ständen konnten sich interessierte Anwohner über die einzelnen Aufgaben, Herausforderungen und Ziele informieren. Gleichzeitig wurden alle eingeladen, ihre Hinweise, Anregungen und Wünsche mitzuteilen. Das Ergebnis des Stadtteiltreffens wurde zusammenfassend den Planungsteams für den anschließenden Wettbewerb zum Masterplan mitgegeben. Die Beteiligung und die dazugehörige Kommunikation wurde im anschließenden Prozess vor Ort und digital über die Social-Media-Kanäle von „Wir machen Schlaatz“ fortgeführt. Projektkommunikation agiert auf strategischer Ebene in der Partizipationsstelle, sodass die Umsetzung der Beteiligungsformate und die Kommunikation integriert ablaufen können.
Henry Fenzlein, Octagon e. V. I Brigitte Meier, Sozialbeigeordnete LHP I Julia Kiebgis, PWG 1956
Akteure und Vorhabenträger werden auf dem Social-Media-Kanal zu Botschaftern des Stadtentwicklungsprozesses. Sie erklären den Masterplan, einzelne Fragestellungen, originelle Entwicklungsidee, auch beiläufige Fragen und die Ziele, die mit der Weiterentwicklung des Schlaatzes verknüpft sind.
Bewerbung Anwohnerprojekte, Online-Beteiligungsplattform „adhocracy“ und Interessenvertretung am Schlaatz
Andere Beiträge wiederum rufen zu konkreten Mitmach-Angeboten auf. Im Rahmen der Städtebauförderung konnten Projekte der Anwohnerinnen und Anwohner mit bis zu 1.500 € gefördert werden. Die Online-Beteiligungsplattform „adhocracy“ bietet die Möglichkeit, Kommentare, Meinungen und Ideen abzugeben. Fragen werden auf der Plattform beantwortet, Hinweise werden an die jeweiligen verantwortlichen Stellen weitergeleitet oder fließen in das Bebauungsplanverfahren im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ein.
Die Etablierung des „Schlaatzrat – Der Interessenvertretung am Schlaatz“ entspringt dem Partizipationskonzept. Der Aufruf zum Mitmachen, die Sichtbarkeit des Engagements und die für die Interessenvertreter wichtigen Themen und Anliegen werden über den „Wir machen Schlaatz“ Social-Media-Kanal kommuniziert. Die Anwohnerinnen und Anwohner erhalten damit die Möglichkeit selbst zu Botschaftern des Stadtentwicklungsprozesses zu werden.
Die Marke „Wir machen Schlaatz“ ist nicht nur Logo für den integrativen Stadtentwicklungsprozess und Name der Website sowie der dazugehörigen Social-Media-Kanäle, sondern soll auch die Inklusivität für einen diversen Stadtteil repräsentieren. Mit der Website und den Social-Media-Kanälen soll das Anliegen einer effektiven Bürgerbeteiligung gebündelt kommuniziert werden.
Mit dem festen Beteiligungsort im Stadtteil (PlanLabor) besteht zudem die Möglichkeit, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Größte Herausforderung für uns ist dabei die Ansprache nicht-deutschsprachiger Gruppen. Während vereinzelnde Dokumente in mehrere Sprachen übersetzt werden konnten, ist eine dauerhafte Mehrsprachigkeit nicht bzw. nur schwer umsetzbar. Das liegt unter anderem an den nicht vorhandenen personellen Mitteln, insbesondere aber an den begrenzen finanziellen Mitteln für die Umsetzung von Beteiligungs- und Kommunikationsformaten. So bleibt die Einbindung sogenannter schwer erreichbarer oder benachteiligter Gruppen trotz breiter Kommunikation, Einbindung der sozialen Akteure aus dem Stadtteil und persönlicher Ansprachen weiterhin eine Herausforderung.
Öffentlichkeitsarbeit & Image
Die Öffentlichkeitsarbeit hat aus Sicht der Stadtentwicklung eine imagebildende Funktion. Ausgangslage ist dabei ein bereits vorhandenes, im Stadtgebiet bekanntes Image, welches von den Vorhabenträgern als negativ und sogar schädlich eingestuft werden kann. Dem Stadtteil Am Schlaatz haftet seit Jahren ein negatives Image an. Die Unzufriedenheit der Anwohner mit ihrem Stadtteil wird zum einen durch die Bürgerumfragen der Landeshauptstadt und zum anderen durch die Gewoba-Mieterbefragung der ProPotsdam von 2017 belegt. Als Gründe werden die mangelnde Sauberkeit, die schlechte Aufenthaltsqualität, die fehlende Sicherheit, das negative Image sowie Nachbarschaftsprobleme genannt.
Immer wieder wird aber auch versucht, den Stadtteil in der öffentlichen Wahrnehmung aufzuwerten. „Der Schlaatz ist besser als sein Ruf“, lautete etwa die Überschrift in einem Artikel der PNN aus dem Jahr 2006. Diese Überschrift wurden von Geschäftsführer der Projektkommunikation, Carsten Hagenau, geprägt. In den Folgejahren findet sich die Wiederaufnahme des Titels in die Tagespresse im Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungsprozess. In weiteren Artikeln wird der Titel immer wieder wörtlich zitiert.
Gleichzeitig wird in der medialen Berichterstattung häufig auf die sozialprekäre Lage des Stadtteils hingewiesen. 2023 griffen die Zeitungen das Thema Kinderarmut am Schlaatz auf. Soziale Akteure hatten sich mit einem offenen Schreiben an den Oberbürgermeister gewarnt, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Darin ging es um Kinder, die nicht genug Geld von ihren Eltern bekommen, um sich das Schulessen leisten zu können. Berichte wie diese beeinflussen die Außenwahrnehmung des Stadtteils. Der Ruf des Stadtteils verschlechtert sich, was wiederum einen negativen Einfluss auf die Innenwahrnehmung haben kann.
Gerade in sozial und strukturell benachteiligten Gebieten wie im Schlaatz werden als Entwicklungsziele oft die Stärkung der Identifikation der Anwohner mit ihrem Stadtteil oder Wohngebiet festgeschrieben. Idee dabei ist, dass die Wohnidentität einen positiven Einfluss auf das nachbarschaftliche Miteinander und das Wohnumfeld hat. Mithilfe des Images als Instrument soll demnach erreicht werden, dass die Identifikation gestärkt und Qualitäten des Stadtteils sichtbar gemacht werden. Mit den Wir machen Schlaatz-Kanäle wollen wir durch gestalterische Mittel aus Ton und Farbtönen einen bunten, jungen und dynamischen Stadtteil darstellen. Veranstaltungen und Mitmach-Angebote finden zu einer Vielfalt an Themen statt, welche an die Stadtentwicklung gekoppelt sind. Themen wie die Sauberkeit im Stadtteil werden proaktiv dargestellt. Akteure und Verantwortliche berichten aus ihren Maßnahmen, Anwohnerinnen und Anwohner sind interessiert und engagieren sich, Kinder werden zu Umwelt-Detektiven. Ich denke, dass der Schlaatz als sozial prekärer Stadtteil dabei genauso der Realität entspricht, wie der bunte, junge und dynamische Stadtteil. Der Unterschied zwischen der Tagespresse und den Wir machen Schlaatz-Kanälen liegt auf der Fokussierung verschiedener Themen. Im Rahmen des Stadtentwicklungsprozesses sehen wir Probleme und Schwächen des Stadtteils gleichzeitig als das Potenzial für Veränderung. Darüber hinaus werden auch Stärken des Stadtteils, wie seine ruhige und grüne Lage anerkannt. Dadurch wird eine andere Perspektive eingenommen.
Die Bild-/Wortmarke „Wir machen Schlaatz“ ist nicht nur Logo des Stadtteilentwicklungsprozesses, sondern steht auch für einen inklusiven Ansatz. Akteure und Anwohner aus dem Stadtteil können die Marke für sich selbst nutzen und für Aktionen verwenden, die an den Stadtentwicklungsprozess angegliedert sind.
Die Aneignung und Weiterentwicklung der Marke lässt sich zum Beispiel am Logo des „Schlaatzrates –Interessenvertretung Schlaatz“ (Siehe Logo) erkennen. Die Mitglieder des Schlaatzrates haben das Layout der Wortmarke für ihr eigenes Logo übernommen. Ein anderes Beispiel ist der Essbare Garten „Schilfhof“. Hier wurde die Bild-/Wortmarke „Wir machen Schlaatz“ in das Bild des Gartens integriert und erweitert.
Durch den Slogan „Wir machen Schlaatz“ soll das Gemeinschaftsgefühl für einen lebenswerten Stadtteil kommuniziert werden. Dass der Schlaatz ein lebenswerter Stadtteil ist und zukünftig noch werden soll, entspricht den Zielen der Stadtentwicklung. Dabei treffen reale Wahrnehmung und vorhandene Problemlagen sowie Entwicklungsziele aufeinander, welche ein Spannungsfeld erzeugen. Die Ausgangslage für den Entwicklungsprozess sind die vorhandenen sozialen und ökonomischen Problemlagen. Mit den kommunikativen Maßnahmen wollen wir das Engagement und die Aufwertung kommunizieren, um das Image zu verbessern.
Der Öffentlichkeitsarbeit sind Grenzen gesetzt
Der Slogan „Wir machen Schlaatz“ und die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit kann Bilder erzeugen, Geschichten erzählen und dabei helfen, Verborgenes sichtbar werden zu lassen. Meiner Ansicht nach kann sie vorhandene Problemstrukturen und nachbarschaftliche Konflikte aber nicht lösen. Ein Gemeinschaftsgefühl kann nicht allein durch Öffentlichkeitsarbeit erzeugt werden. Hierfür braucht es zusätzliche Strukturen und Maßnahmen aus der sozialen und partizipativen Arbeit. Es kann aber durch Öffentlichkeitsarbeit sichtbar gemacht werden.
Bezogen auf das Image geht es darum, einem von außen zugeschriebenen negativen Bild entgegenzuwirken: durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit, sichtbarmachende Beteiligungsformen und Engagement. Dazu gehören gemeinsame Pflanzaktionen, der Mitmach-Mittwoch oder die Schlaatz-Walks. Während die Imagebildung gemeinsam mit der Bewohnerschaft betrieben werden soll, ist jedoch einzugestehen, dass der Steuerungsprozess ebenfalls von Außerhalb kommt. Insbesondere auf den Social-Media-Kanälen versuchen wir, auch Anwohnerinnen und Anwohner zu Wort kommen zu lassen. Wichtig dabei ist, auch kritische Stimmen zum Stadtentwicklungsprozess sichtbar zu machen. Gleichzeitig wollen wir die Inhalte der Kanäle so neutral wie möglich halten. Die Inhalte sollen weder für noch gegen eine Maßnahme Partei ergreifen. Der Fokus liegt auf der Berichterstattung, der Animation zum Mitmachen und Mitgestalten sowie der Bewerbung von Veranstaltungen und Aktionen. Wie mit der Etablierung der Interessenvertretung sollen kleinteilige Aktionen und Projekte zum Mitmachen einladen. Die Initialzündung wird durch uns aber von außen gegeben. Das Ziel ist, die Förderung des ehrenamtlichen Engagements nachhaltig zu etablieren, so dass die Menschen vor Ort die Aufgaben mittel- und langfristig selbst übernehmen.
Transparenz und Erwartungsmanagement
Ich halte Transparenz und ein klares Erwartungsmanagement bei der Bürgerbeteiligung für essenziell. Für die Beteiligten muss klar erkennbar sein, wo lediglich informiert und wo mitgeredet oder mitgestaltet werden kann. Gleichzeitig muss kommuniziert werden, was mit den Beteiligungsergebnissen passiert und wie diese in den Planungsprozess einfließen. Hierzu werden alle Einträge auf der Online-Beteiligungsplattform „adhocracy“ durch die Mitglieder der Koordinierungsstelle (darunter Projektkommunikation HAGENAU) kommentiert bzw. beantwortet. Aus den häufig gestellten Fragen haben wir zwei FAQ erstellt, welche sowohl digital als auch analog im PlanLabor vorliegen.
Plakat zum F.A.Q 2.0 © Josephine Braun I Projektkommunikation HAGENAU GmbH
Eine besondere Herausforderung stellt der Faktor Zeit dar. Die Fertigstellung des Masterplans erfolgte im Herbst 2022. Der Auftakt zum Beginn des Bebauungsplanverfahrens startete im September 2024. Bis es zur öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans kommt, wird noch ein weiteres Jahr (wenn nicht mehr) vergehen. Die in den Dialogrunden ausgehandelten Kompromisse zwischen Vorhabenträgern und Anwohnern geraten so in den Hintergrund und sind schnell vergessen. Die Personen, die sich im Jahr 2024 beteiligen, sind andere als im Jahr 2022. Gleichzeitig wurde die Zeit genutzt, um die für den Planungsprozess wichtigen Beteiligungsstrukturen (Schlaatzrat, PlanLabor) weiter auszubauen.
Im Stadtentwicklungsprozess Schlaatz 2030 hat sich gezeigt, dass die Kommunikation mit den Anwohnern, insbesondere aufgrund der vielfältigen Vorhabenträgerlandschaft, besonderer Präzision bedarf. Anliegende, parallele oder ausgenommene Vorhaben (z. B. Sportforum Am Schlaatz, Renaturierung der Nuthe, Sonderbauprogramm), welche nicht dem eigentlichen Prozess entspringen, wurden und werden im Stadtteil oft ohne oder mit wenig Beteiligung und Kommunikation umgesetzt. Aus meiner Sicht werden vertrauensbildende Maßnahmen und die Glaubwürdigkeit des Beteiligungsversprechens bei einer Vielzahl unterschiedlicher Vorhaben mit unterschiedlichen Spierregeln schnell auf die Probe gestellt. Mit einer klaren Adressierung und transparenten Kommunikation versuchen wir diesem entgegenzuwirken, scheitern aber oft aufgrund der Komplexität. So tauchen Vorhaben und Projekte, welche nicht den Spielregeln des Stadtentwicklungsprozess Schlaatz 2030 folgen, auch auf der Website „Wir machen Schlaatz“ gar nicht oder nur mit klarer Bezeichnung des Vorhabenträgers auf.
Die für die Partizipation zuständigen Akteure müssen dann Schadensbegrenzung betreiben. Zeigen, wie es anders gehen kann. Ein Beispiel dafür ist das kürzlich umgesetzte Pilotprojekt „Freiraum für alle“ (Umgesetzt durch kollektiv stadtsucht). Im Masterplan wurden sogenannte Nachbarschaftsbänder auf bestehenden Straßen vorgeschlagen. Dort sollen neue Freiräume entstehen. Die Folge: Parkplätze werden reduziert. Beim Projekt „Freiraum für alle“ wurde ein Teilstück einer Straße temporär zur Nachbarschafts- bzw.- Spielstraße umgewandelt. Ziel des Projektes war es, im Sinne eines Reallabors zu erforschen, welche Anforderungen die Anwohner an einen nachbarschaftlichen Begegnungsraum stellen. Anregungen, Hinweise, Wünsche und Kritik wurden während der Aktion aufgenommen und fließen in den Planungsprozess mit ein.